Verwendung der DSC zur Untersuchung der Stabilität der Antikörper-Fab-Region zur verbesserten Entwicklung von Biotherapeutika

In dieser Applikation Note wird die Verwendung der dynamischen Differenzkalorimetrie (DSC) zur Untersuchung der thermischen Stabilität verschiedener, humaner und humanisierter Antikörper betrachtet. Die DSC ermöglicht Beobachtungen über den Einfluss der Stabilität auf die Proteinexpression und -qualität.

Einführung

Die Stabilität ist ein entscheidender Faktor bei der Entwicklung therapeutischer Antikörper und genetisch maßgeschneiderter Antikörperfragmente. Eine geringe Stabilität kann die Expressionsstärke der Antikörper in verschiedenen Zelltypen beeinträchtigen. Sie kann im Zeitverlauf zu fraktionierten Populationen von nicht funktionalem oder fehlgefaltetem Material oder zur Bildung großer und potenziell immunogener Proteinaggregate führen.

Antikörper und antikörperähnliche Proteine bilden eine große und wachsende Anzahl von Wirkstoffmolekülen für nahezu alle Indikationen, die in klinischen Studien am Menschen getestet werden. Antikörper sind Heterotetramere, die aus schweren und leichten Ketten bestehen. Konstante Domänen (CH- und CL-Ketten) enthalten invariable Aminosäuresequenzen, die vom Isotyp und von der Unterklasse des Antikörpers abhängen. Demgegenüber sind antikörpervariable Domänen außerordentlich vielfältig. Dies ermöglicht die Erkennung praktisch aller fremden Antigene mit hoher Spezifität und Affinität. Die Vielfalt variabler Domänen ergibt sich aus der Paarung variabler schwerer Ketten (VH-Ketten) und variabler leichter Ketten (VL-, Kappa- oder Lambda-Ketten), zahlreichen Linker-Sequenzen zwischen variablen und konstanten Domänen und hypersomatische Mutation. Die Vielfalt bei variablen Domänen kann auch zu Variationen der Stabilität verschiedener Antikörper führen.

Bis vor Kurzem lagen nur relativ wenige Stabilitätsdaten zu vollständigen Antikörpern vor, möglicherweise aufgrund der Tatsache, dass es sich dabei um komplizierte Multidomänenproteine handelt. Hier untersuchten wir die domänenabhängigen Entfaltungseigenschaften von 17 humanen oder humanisierten IgG1- und IgG4-Antikörpern mittels dynamischer Differenzkalorimetrie (DSC) (1). Hierzu gehörten Tysabri™ (klinisch zugelassen für die Behandlung der multiplen Sklerose), sieben Moleküle in Phase-I- oder Phase-II-Studien, vier Moleküle, für die 2007 der IND-Antrag (Investigational New Drug) bei der FDA eingereicht wurde, und sechs in der Forschung befindliche Moleküle. Der Datenbestand kann Forschern im Bereich der Antikörperentwicklung als Referenz dienen, um zu ermitteln, ob die thermische Stabilität bei einem gegebenen Antikörpermolekül problematisch sein kann.

Der zweite Teil dieser Application Note beschreibt einen Prozess, um einem besonders instabilen Antikörper wieder Stabilität zu verleihen. Eine Kombination stabilisierender Mutationen resultierte in einem Fab-Fragment mit einer Mittelpunkttemperatur der thermischen Entfaltung (Tm) von 92 °C, gemessen mit DSC. Die Stabilisierung bewirkte eine erheblich verstärkte funktionelle Expression des Antikörperfragments in E. coli (2).

Materialien und Methoden

Die in diesen Untersuchungen verwendeten Materialien und Methoden wurden zuvor beschrieben (1,2). Die DSC-Arbeiten wurden unter Verwendung des Systems MicroCal VP-Capillary DSC von Malvern durchgeführt.

Abb. 1. (A) DSC-Kurve von BIIB7 IgG1. Oberhalb der Kurven sind die Strukturen eines vollständigen humanen IgG1-Antikörpers dargestellt (13). (B) DSC-Kurven der vier humanen IgG-Unterklassen. Nachdruck aus (1) mit Genehmigung von Elsevier.
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Abb. 2. (A) DSC-Kurven der thermischen Entfaltung der vier humanen oder humanisierten IgG1-Antikörper BIIB16, BIIB6, BIIB4 und BIIB1. (B) DSC-Entfaltungskurven des BIIB7-Antikörpers in den Formaten IgG1 und IgG4. Nachdruck aus (1) mit Genehmigung von Elsevier.
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Fab-Stabilitätsmessungen von 18 humanen oder humanisierten IgG-Sequenzen

Da ihre konstanten Domänen praktisch identisch sind, variiert die Stabilität von IgG-Sequenzen ähnlicher Unterklassen aufgrund der Unterschiede in den Fv-Regionen. Um den Stabilitätsbereich von IgG-Fab-Fragmenten für humane oder humanisierte Antikörper zu untersuchen, insbesondere den von IgG1-Sequenzen, wurden an einem Panel von 18 vollständigen humanen (humanisierten) Antikörpern, bezeichnet mit BIIB1 bis 18, DSC-Untersuchungen durchgeführt. Die Fab-Übergänge wiesen generell CPmax-Werte auf (entsprechend den Höhen der DSC-Peaks), die ca. dreimal größer waren als die der CH2- oder CH3-Domänen. Dies ist anhand der DSC-Kurve von BIIB7 ersichtlich (Abb. 1A). Charakteristische DSC-Kurven der vier humanen IgG-Unterklassen sind in Abbildung 1B dargestellt. Hier zeigt IgG1 die höchste apparente Antikörper-Fc-Stabilität. Durch Aggregation während des Entfaltungsprozesses wird der mittels DSC gemessene Tm-Wert des Fab-Fragments beeinflusst (3, 4). Daher wurde jeder DSC-Durchlauf unter identischen Bedingungen für jeden Antikörper durchgeführt. Die so erhaltenen Informationen wurden als ein relatives Maß für die Stabilität der einzelnen Domänen angesehen.

Die Übergänge der Fab-Fragmente BIIB1 bis 18 wichen in ihrer relativen thermischen Stabilität erheblich voneinander ab. Ursache sind die Unterschiede in ihren Fv-Regionen. Die in Abbildung 2A gezeigten DSC-Kurven veranschaulichen, wie individuelle Fv-Regionen zu einem unterschiedlichen Entfaltungsverhalten der Fab-Fragmente führen können. Der Bereich der Fab-Tm-Werte für die 18 BIIB-Antikörper umfasste 57,2 °C bis 81,6 °C (Tabelle 1). Die drei Antikörper mit den niedrigsten Fab-Tm-Werten, BIIB15 bis 17, wiesen mehrere Entfaltungsübergänge für ihre Fab-Fragmente auf. Dies weist auf einen Verlust der Kooperativität der Entfaltung hin (die DSC-Kurve von BIIB16 ist in Abb. 2A gezeigt). Der Fab-Peak für diese Antikörper war in zwei Übergänge geteilt. Die Übergänge mit der niedrigeren Temperatur sind in Tabelle 1 aufgeführt. Ein zweiter Übergang, der möglicherweise die Entfaltung von CH1/CL repräsentiert, trat für BIIB15, BIIB16 und BIIB17 bei Tm-Werten von 74 °C, 72 °C und 70 °C ein.

Tabelle 1: Fab-Tm-Werte der BIIB-IgG aus der DSC
IgGFab-Tm (°C)VH-UnterklasseVK-Unterklasse
BIIB181,6VH1VK1
BIIB278,5VH1VK1
BIIB378,2VH1VK2
BIIB477,7VH3VK2
BIIB577,1VH4VK1
BIIB676,8VH3VK1
BIIB775,9VH1VK3
BIIB875,6VH1VK1
BIIB974,7VH3VK4
BIIB1074,7VH4VK1
BIIB1173,1VH1VK4
BIIB1271,2VH1VK4
BIIB1370,8VH3VK4
BIIB1470,6VH7VK-
BIIB1568,5VH3VK1
BIIB1668,0VH3VK3
BIIB1757,2VH3VK2
BIIB18-*VH3VK2
* Keine Expression
Unübliche Kappa-Kette, Keimbahn unbestimmt.
Nachdruck aus (1) mit Genehmigung von Elsevier.

Wenngleich die DSC-Untersuchungen mit ideal heterotetrametrischen Proteinen durchgeführt wurden (mittels Größenausschlusschromatographie bestimmt), zeigte der Antikörper mit dem am wenigsten stabilen Fab-Fragment (BIIB17) eine schlechte Expression und akkumulierte Aggregate mit hoher Molekülmasse, wenn er bei 2 °C bis 8 °C für über 1 Woche in Lösung belassen wurde. Die CH2- und CH3-Entfaltungsübergänge der einzelnen IgG1 überlagerten sich gut (repräsentative DSC-Kurven sind in Abb. 2A gezeigt). Gleiches galt für die CH2- und CH3-Übergänge der drei IgG4s (Daten nicht gezeigt).

BIIB7 wurde in den Formaten IgG1 und IgG4 konstruiert. Die IgG1- und IgG4-CH1-Sequenzen wiesen zehn Aminosäureunterschiede auf (sechs waren konservativ) sowie ein unterschiedliches Disulfidbindungsmuster mit CL. Die apparenten Fab-Tm-Werte von BIIB7 im IgG1- und IgG4-Format waren nach Entfaltung der Peaks ähnlich (ΔTm < 1 °C, Abb. 2B). Diese Ähnlichkeit legt nahe, dass die Fab-Thermostabilitäten zwischen IgG1 und IgG4 direkt verglichen werden können.

Design von Fab-Fragmenten mit verbesserter Stabilität

Es ist allgemein bekannt, dass Proteine durch Konsensusdesign stabilisiert werden können. Dabei handelt es sich um die Mutation seltener Aminosäuren zu den Konsensusaminosäuren, die in homologen Proteinsequenzen vorhanden sind. Analog hierzu schienen die humanisierten BIIB-Antikörper mit der geringsten Stabilität (wie mittels DSC bestimmt) in ihren Frameworks den größten Gehalt an seltenen Aminosäuretypen aufzuweisen. In dem Bestreben, Stabilisierungsstrategien für Antikörper und Antikörperfragmente zu entwickeln, wählten wir ein Fab-Fragment mit ungünstigem Verhalten aus. Dann wandten wir eine Mutagenesestrategie an, um dem Fab-Fragment wieder Stabilität zu verleihen. Wir begannen mit einem Fab-Fragment, das Tetanus-Toxoid (αTT) erkannte und aus menschlichem Gewebe gewonnen wurde (5). Zwecks Randomisierung wählten wir 45 Restpositionen aus. Ausführliche Details zu dieser Sättigungsmutagenese-Strategie werden in (2) beschrieben.

Abb. 3. DSC-Analyse des αTT-Wildtyp-Fab-Fragments und aller 12 Fab-Fragmente, die verschiedene Mutantenkombinationen enthielten, einschließlich V11, dem stabilsten Fab-Fragment. Die Zugehörigkeit der einzelnen Kurven kann anhand der ΔTm-Werte in Tabelle 2 ermittelt werden. Abdruck aus (2) mit Genehmigung von Oxford University Press.
MRK2053-01_fig03

Tabelle 2. Thermostabilisierende Mutationen führen zu hochstabilen Fab-Varianten mit verstärkter bakterieller Expression und nachweislicher Funktionalität
Fab-FragmentHC-MutantenLC-MutantenΔTm* (DSC)ΔExpressionΔMittelpunkt (μg/ml)
WT--0,01,0 ± 0,463,0
V1V1, V11L, S77T, F89I-5,02,325,0
V2V11L, S77T, T72N, A84L, F89I, G118AD9L, N22S, W50A, N152G7,92,08,9
V3S77T, T72N, A84L, F89I, G118AD9L, N22S, W50A7,83,83,5
V4V11L, S77T, F89IN22S, W50A5,33,226,0
V5V11L, S77T, F89TN22S, W50A3,92,650,0
V6V11L, S77T, F89IN22S, W50H6,71,713,0
V7S77T, G127AD9L, N22S, W50A2,41,925,0
V8V11L, S77T, T72N, A84P, F89I, G118AD9L, N22S, W50A, N152G8,93,910,0
V9V11L, S77T, F89TW50A4,33,520,0
V10V11L, S77T, T72N, A84P, F89I, G118AD9L, W50A, N152G9,73,37,1
V11V11L, S77T, T72N, A84P, F89I, G118A, G24AD9L, N22S, W50H, N152G13,33,0 ± 0,34,0
V12V11L, S77T, T72N, A84P, F89I, G118AD9L, W50H, N152G11,12,62,8
* WT Tm = 78,7 °C, Durchlaufrate = 1,0 K/min
E.- coli-Expressionsniveau normalisiert auf 1,0 für das WT-αTT-Fab-Fragment. Dessen über drei separate Kulturen gemittelter Expressionsertrag betrug 0,56 ± 0,20 mg/l Kultur. Der Standardfehler ist auch
für V11 angegeben, das zweimal exprimiert wurde.
Fab-Konzentration am Mittelpunkt der ELISA-Sättigungskurve für biotinyliertes Tetanus-Toxoid. Abdruck aus (2) mit Genehmigung von Oxford University Press.

Untersuchung der Mutagenese und Thermotoleranz der αTT-Fab-Fragment-Bibliothek

Die PCR-Reaktionen der 45 Mutanten wurden einzeln transformiert. Fast 4500 einzelne Kolonien wurden entnommen und in 96er-Mikrotiterplatten kultiviert, die Expressionsmedium enthielten. Die die Fab-Fragmente enthaltenden Überstände wurden bei drei separaten Temperaturen (70 °C, 72 °C und 74 °C) Hitzestress ausgesetzt (2). Varianten, die eine erhöhte Thermostabilität zeigen, wurden Thermotoleranz-Untersuchung erneut unterzogen, um ihre Eigenschaften zu bestätigen.

Eine vollständige Liste der stabilisierenden Mutationen ist in (2) enthalten. Ca. 1 % der Varianten in der Bibliothek zeigte eine erhöhte Thermostabilität. Von den „Hits“ befanden sich 14 in der VH-Domäne und die verbleibenden vier in der VL-Domäne. Dieses Ergebnis legt nahe, dass die Stabilität des nativen Fab-Fragments durch die marginale Stabilität der VH-Domäne begrenzt wurde. Erstaunlicherweise wurde in der ca. 2000 Mitglieder umfassenden Bibliothek der konstanten Domänen kein Mutant gefunden, um das Fab-Fragment als Ganzes zu stabilisieren. Wir vermuten, dass innerhalb der konstanten Domänen tatsächlich stabilisierende Mutationen vorliegen, dass jedoch die begrenzte Stabilität der VH-Domäne die Temperatur bestimmt, bei der sich das Fab-Fragment entfaltet, und es uns daher nicht möglich war, solche Ereignisse zu beobachten (siehe nachfolgende DSC-Experimente).

Eine weitere Erklärung für den nicht möglichen Nachweis stabilisierender Mutationen innerhalb der CL/CH1-Region mag sein, dass die 10 Minuten dauernde Entfaltungsphase bei erhöhten Temperaturen nicht für die vollständige Entfaltung der konstanten Domänen ausreichte. Röthlisberger und seine Mitarbeiter stellten fest, dass die Entfaltung des CL/CH1-Heterodimers extrem langsam abläuft (6) und dass die Stabilität aller vier Fab-Domänen von dieser kinetischen Stabilisierung profitiert. Es ist daher möglich, dass sich die konstanten Domänen während des relativ kurzen Zeitraums der Thermochallenge nicht entfalten.

Während viele der stabilisierenden VH-Mutationen nicht dem Gesamtkonsensus entsprachen, entsprachen die meisten Mutationen dem Konsensus für ein oder mehrere der anderen VH-Keimbahn-Unterklassen (2). So wurde z. B. die Position 72 in αTT VH durch die Mutation zu Asn optimiert. Sein Konsensus-Rest in allen Keimbahn-VH-Unterfamilien ist die isostere Aminosäure Asp. Nach der Sequenzierung der Bibliotheksplatte auf Rest 72 wurde festgestellt, dass Asp zufälligerweise nicht vertreten war. Und wenngleich V89 der vorherrschende Konsensus in den meisten humanen VH-Unterfamilien ist, verbesserte die Mutation zu Val die Fab-Stabilität nicht. Das isostere VH2-Konsensusresiduum Thr war im Durchlauf hochgradig stabilisierend (ΔTm > 2 °C). Das Ile-Residuum mit ähnlicher Beta-Verzweigung war eine der am stärksten stabilisierenden Mutationen, die in diesem Durchlauf entdeckt wurden. Es befindet sich nur gelegentlich an dieser Position in humanen VH-Sequenzen, ist jedoch nicht das Konsensusresiduum von VH-Unterklassen.

Innerhalb der αTT-VL-Domäne wurden vier stabilisierende Mutanten entdeckt. Die Mutation des VK4-Konsensusresiduums W50 zu Ala (dem Konsensusresiduum für VK1) oder His war hochgradig stabilisierend. Histidin kommt an Position 50 in humanen VK-Domänen selten vor, häufig jedoch in humanen VL-Domänen. Dieses Residuum befindet sich in der Nähe der VH/VL-Domänengrenzfläche. Es wurde angenommen, dass sein Beitrag zur Fab-Stabilität mit einer möglichen Verstärkung der VH-Domäne zusammenhängen könnte, da insbesondere die VH-Domäne die Stabilität des αTT-Fab-Fragments zu begrenzen scheint (2). Untersuchungen der isolierten VL-Domäne zeigen jedoch abweichende Ergebnisse (Daten nicht gezeigt). Es wurde berichtet, dass Mutationen von Tyr zu His an dieser Position die apparente Stabilität und Expression von scFv mit fehlender Disulfidbrücke verbessern (7). Somit scheint es, dass große aromatische Gruppen bei Residuum 50, dem am stärksten C-terminalen Residuum des VL-Frameworks 2,
für die Fv-Stabilität in vielen Fällen nicht günstig waren.

Ergebnisse der Kombination stabilisierender Mutationen mit dem αTT-Fab-Fragment

Es wurden 12 Konstrukte generiert, die zwischen 3 und 11 der im ersten Screening identifizierten stabilisierenden Mutationen enthielten (Tabelle 2). Verschiedene Kombinationen wurden rational abgeleitet, um den apparenten Beitrag der einzelnen Mutanten zur Fab-Stabilisierung zu bestimmen.

Interessanterweise wurde in einem parallelen Transformations-/Expressionsexperiment durch die Einführung mehrerer stabilisierender Mutationen in das αTT-Fab-Fragment die Fab-Expression verstärkt. Die besten Konstrukte zeigten konsistent mehr als dreifache Erhöhungen des Expressionsertrags gegenüber dem Wildtyp (Tabelle 2). Die Stabilität der einzelnen Fab-Fragmente wurde mittels DSC (Abb. 3) und CD-Spektroskopie (CD) evaluiert (Daten nicht gezeigt). Die DSC- und CD-Durchläufe waren durchgängig irreversibel, und die Lösungen waren nach dem Erhitzen stark trüb. Aufgrund der Aggregation der Fab-Fragmente wurden die gemessenen Tm-Werte verwendet, um die apparente Fab-Stabilität in eine Rangfolge zu bringen.

Die gekoppelte Entfaltung aller vier Domänen ist ein häufiges, jedoch nicht universelles Merkmal von Fab-Fragmenten, sofern sie vollständig disulfidgebunden sind, sowohl intramolekular als auch intermolekular (1, 3, 6, 8, 9). Eine Entkopplung der Entfaltungsreaktionen von Multidomänenproteinen, beruhend auf erheblichen Unterschieden zwischen den intrinsischen Stabilitäten der einzelnen Domänen, ist nicht selten. Sie hängt von der Gesamtaffinität der Domänen füreinander und der gesamten Interaktionsfläche zwischen den Domänen ab (10, 11). Fehlt ein Teil des Fab-Fragments, ist die Entfaltung der verbleibenden Domänen u. U. nicht gekoppelt. Rowe und Tanford haben gezeigt, dass VL und CL innerhalb einer leichten Kappa-Kette in einer nicht gekoppelten Weise denaturieren, wenn sie nicht an eine schwere Kette gebunden sind. Sie entfalten sich stattdessen als isolierte
Domänen (12). Es scheint, dass für die Kooperativität zusätzliche Verbindungen mit einer schweren Kette zwingend erforderlich sind. Röthlisberger und seine Mitarbeiter haben kürzlich über umfassende und elegante Experimente berichtet, die zeigten, wie sich variable Domänen unterschiedlicher Stabilität getrennt voneinander entfalten können, während bei variablen Domänen mit hohen und ähnlichen Stabilitäten die Entfaltungsübergänge aller vier Domänen des Fab-Fragments vereint ablaufen können (6). Das stabilste der hier beschriebenen Fab-Konstrukte (Tm = 92 °C) schien sich ebenso an der Grenze zu befinden, die thermischen Entfaltungsreaktionen seiner variablen Domänen zu entkoppeln.

Anhand der thermischen Schmelztemperaturen aller 12 Fab-Varianten wurde der individuelle Stabilitätsbeitrag der einzelnen Mutationen dekonvolviert. Alle Mutationen schienen additiv zur Stabilität des Fab-Fragments beizutragen, obwohl doch einige dieser Residuen relativ dicht beieinander liegen - sowohl in der Primärsequenz als auch innerhalb der tertiären Faltung des Fab-Fragments. Die Analyse ergab, dass vier Mutationen ca. 86 % der Fab-Stabilisierung bewirken. G24A-, T72N- und F89I-Mutationen innerhalb der VH-Domäne erhöhten den Tm-Wert des Fab-Konstrukts individuell um 3,0 K, 2,8 K bzw. 2,8 K. Eine W50H-Mutation innerhalb der VL-Domäne erhöhte die Thermostabilität des Fab-Fragments um 3,5 K.

Die thermische Stabilität des Fab-Fragments korreliert mit der funktionellen Proteinfraktion, die von E. coli exprimiert wird.

Ein wichtiger Aspekt im Anschluss an die Framework-Mutagenese war deren potenzielle Auswirkung auf die Antigenbindungsfunktion des αTT-Fab-Fragments. Die thermostabilisierenden Mutationen wurden aus dem ursprünglichen Screening abgeleitet. Mittels quantitativem ELISA wurde sowohl die CL-Domäne als auch der Histidin-Tag am C-Terminus von CH1 entdeckt. Es wird häufig vermutet, dass die Dynamik einer Fv-Domäne tief greifende Auswirkungen auf die Antigenbindung haben könnte. Wir befürchteten, dass die in die Fv-Framework-Regionen eingeführten stabilisierenden Mutationen ein dynamisches Gleichgewicht stören könnten, das für das Andocken des Antigens wichtig ist.

Die thermostabilisierenden Mutationen schwächten die Funktion des von E. coli exprimierten Moleküls nicht ab. Vielmehr erhöhten sie die apparente Affinität des αTT-Fab-Fragments in einem funktionellen ELISA (Tabelle 2). In einem funktionellen ELISA titrierten zwei separate Wildtyp-Fab-Präparate nicht übereinstimmend gegen das Antigen. Dies legt nahe, dass geringe Variationen während der Zellkultur minimale Änderungen der Menge der funktionellen Fab-Expression zur Folge haben. Beide Wildtyp-Präparate lieferten weniger funktionelles Protein als die meisten der stabilisierten αTT-Fab-Konstrukte. Die funktionelle Kapazität der einzelnen Fab-Varianten schien im direkten Zusammenhang mit ihrer Stabilität zu stehen, ausgedrückt durch den Tm-Wert (Abb. 4). Da die Mutationen von den prognostizierten Bindungsschleifen entfernt waren, ist es unwahrscheinlich, dass diese Residuen den Kontakt mit dem Antigen direkt verbessern.

Angesichts des Verhaltens des αTT-Wildtyp-Fab-Fragments vermuten wir, dass ein Teil der von E. coli exprimierten Fab-Fragmente in einer nicht funktionalen oder fehlgefalteten Form vorliegt. Diese Interpretation deckt sich gut mit der Tatsache, dass die isolierte VL-Domäne bei Expression von E. coli in einer sehr unterschiedlichen Konformation vorlag als die VL-Domäne bei Expression in der oxidierenden cytosolischen Umgebung von BL21trxB(DE3) (Ergebnisse nicht gezeigt). Dies erklärt auch die funktionelle Abweichung, die zwischen Fab-Chargen beobachtet wurde.

Abb. 4. Diagramm zum Vergleich der Tm-Werte der einzelnen Fab-Fragmente mit der jeweiligen Mittelpunktkonzentration der sigmoidalen Bindungskurve aus dem funktionellen ELISA. Abdruck aus (2) mit Genehmigung von Oxford University Press.
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Zusammenfassung

Die thermischen Entfaltungsprofile von 18 humanen oder humanisierten Antikörpern wurden mittels DSC gemessen. Dabei wurde ein großer Stabilitätsbereich der Fab-Fragmente festgestellt. Mittels Konsensusdesign wurde eine Sättigungsmutagenese eines besonders instabilen Fab-Fragments durchgeführt, um diesem Stabilität zu verleihen. Die Untersuchung der Fab-Fragment-Bibliotheken mit einem Thermochallenge-Assay führte zur Entdeckung von 19 stabilisierenden Mutationen an 11 Stellen des Fab-Fragments. Die Kombination stabilisierender Mutationen führte zu Erhöhungen der thermischen Stabilität (bis zu 92 °C), verstärkter bakterieller Expression und einem deutlich reduzierten Anteil von falsch gefaltetem und nicht funktionalem Material. Mittels DSC konnten die zur Antikörperstabilität beitragenden Faktoren rasch bestimmt werden. Es handelt sich um ein nützliches stabilitätsanzeigendes Verfahren, das in der gesamten Biotherapeutika-Entwicklung angewendet werden kann.

Danksagung

Die Autoren dieser Application Note sind Stephen J. Demarest, Ellen Garber, Gang Chen, Bruce E. Kimmel, David Gustafson, Jane Wu, Jared Salbato, John Poland, Marikka Elia, Xuqiu Tan, Ken Wong, Jay M. Short and Geneviève Hansen von Biogen Idec, San Diego, CA, USA.

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